Charles Edward Ives
1874–1954
Klavierwerke
1902–23
Zwei Konzerte
Three-Page Sonata 1905
Study No. 22 ca. 1912
Study No. 21: “Some South-Paw Pitching!” ca. 1909
Pause
Piano Sonata No. 1 1902–10
I. Adagio con moto / Andante con moto
II. Allegro moderato / Andante – Allegro (“In the Inn”) III. Largo / Allegro / Largo IV. [ohne Tempoangabe] – Allegro / Presto
V. Andante maestoso / A tempo / Adagio cantabile / Allegro / Andante
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Varied Air and Variations:
“Study # 2 for Ears or Aural and Mental Exercise!!!” ca. 1923
Study No. 9:
“The Anti-Abolitionist Riots in the 1830’s and 1840’s” 1908–09
Waltz-Rondo 1911
Pause
Piano Sonata No. 2: “Concord, Mass., 1840–60”
ca. 1909–15
I. Emerson
II. Hawthorne III. The Alcotts IV. Thoreau
Am Ende des ersten Satzes kann eine kurze Viola-, im vierten
eine Flötenstimme einbezogen werden (ad libitum).
Kommentare
Konzertdauer jeweils ca. 90 Minuten (inklusive Pause) Schallplattenaufnahmen (WERGO)
Gesammelte Einführungstexte: siehe Bibliographie/Einzeldrucke
K o m m e n t a r e
Die Wahl des Klaviers als Instrument und Medium, mit dessen Hilfe sich so komplexe Strukturen wie die der
beiden Sonaten verwirklichen ließen, dürfte noch andere Gründe haben als nur den, dass Ives selbst Klavier und Orgel spielte: Vorteilhaft waren die Verbreitung des Instrumentes in Konzertsaal und Privatbesitz, seine
Spieltraditionen, die dank einer hochtechnisierten Mechanik zu außerordentlicher Virtuosität und Verfeinerung der Klanggebung befähigen; sein Tonhöhenumfang, der jenen Bereich fast gänzlich abdeckt, der in unserer
westlichen Kultur der Musikausübung dient; die Möglichkeit, Klänge durch Pedale oder Tastendruck andauern zu lassen, und damit unmittelbar verbunden die Möglichkeit, polyphone Strukturen ohne den Aufwand eines
Ensembles von Musikern und die dafür oft unerlässliche Koordination durch einen Dirigenten zu realisieren.
Darüber hinaus dürfte es für einen experimentellen Komponisten wohl immer einfacher sein, einen
einzelnen Interpreten zu bewegen, sich Neuartigem zu öffnen, als eine ganze Gruppe von Spielern, geschweige denn den institutionalisierten Apparat eines Orchesters. Mehr als alles dieses war aber wohl der Umstand
wichtig, dass für Ives das Klavier über Jahrzehnte hinweg die einzige Klangquelle und Möglichkeit war, die ihm in seiner kompositorischen Vereinsamung erlaubte, die vorgestellte Musik wenigstens annähernd
hörbar zu machen.
Nur wenige Werke der Klavierliteratur haben sich vor Ives dieser Vorzüge des Instrumentalsolos in
solch expansiver Weise wie diese beiden Sonaten bedient, selbst wenn die Übertragung auf das Klavier häufig noch als Kompromiss oder Ersatz empfunden werden kann. Selten gingen Komponisten vor Ives so hart an die
Grenzen der manuellen Ausführbarkeit und setzten sich so rigoros über diese hinweg, wo die Idee wichtiger als die Machbarkeit des Klanges schien. Und so ist die Tatsache, dass vor Ives fast nie so dicht,
so polyphon, so laut, so schnell, so komplex und großräumig zugleich für Klavier geschrieben wurde, mit ein Hinweis darauf, dass dieses Instrument mehr für ihn wurde, nämlich Hilfsinstrument, Gefäß, das oft
nicht mehr imstande war, die überbordende Fülle von Einfällen und das Verlangen nach Ausdruck zu bergen.
H. H.
(aus dem Booklet der WERGO-CD zur Klaviersonate Nr. 1)
Letzte Änderung: Samstag, 14. Juni 2014 © 2000–2014 by Herbert Henck
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